Richard Johann Kuhn - deutsch-österreichischer Chemiker   
    
*3.12.1900 Wien † 31.7.1967 Heidelberg
   

 

 
Richard Kuhn wurde am 3. Dezember 1900 in Wien-Döbling geboren. Sein Vater, Richard Clemens Kuhn, war Ingenieur und Hofrat, seine Mutter, Angelika Rodler, Grundschullehrerin. Bis zum Alter von neun Jahren erhielt Kuhn durch seine Mutter eine erste schulische Ausbildung. Im Anschluss besuchte er das Döblinger Gymnasium in derselben Klasse wie der spätere Physiknobelpreisträger Wolfgang Pauli.

Ummittelbar nach dem Ersten Weltkrieg begann Kuhn sein Chemiestudium am Institut für medizinische Chemie der Universität Wien, um nach zwei Jahren in München beim Chemienobelpreisträger von 1915, Richard, Willstätter, sein Studium fortzusetzen. Willstätter muss von seinem Schüler Kuhn sehr angetan gewesen sein, jedenfalls sprach er von ihm als seiner "größten Entdeckung" Erst 22-jährig, schloß er sein Studium "summa cum laude" ab. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Rolle der Enzyme im Kohlenhydratstoffwechsel. Die Enzymchemie blieb auch der wissenschaftliche Schwerpunkt seiner Arbeit in den folgenden Jahrzehnten.

Im Laufe seiner Untersuchungen führte Kuhn moderne physikalisch-chemische Methoden im synthetisch orientierten Labor Willstätters ein. Er habilitierte sich 1925 an der Universität München mit einer Arbeit auf dem Gebiet der Enzymreaktionen. Bereits im Alter von 26 Jahren wurde er zum Professor für allgemeine und analytische Chemie an die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich berufen.

Im Jahre 1929 wurde er auf Betreiben Rudolf Krehls zum Direktor der Abteilung für Chemie am neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg ernannt (heute Max-Plank-Institut), wo er bis zu seinem Tod blieb. Im Jahre 1937 übernahm er die Gesamtleitung des Instituts.

Neben seinen Arbeiten über die Enzyme interessierte sich Kuhn insbesondere für die in der Natur vorkommenden Pigmente. Er bestimmte die chemische Zusammensetzung der Karotine (Familie der gelben, orangefarbenen oder roten Pigmente), diejenige der Lykophine (rotes Pigment der Tomate) und der aus dem Krokus isolierten Krokeine. Er zeigte auf, dass die Farbe der Pigmente von ihrer chemischen Struktur bestimmt wird.

Kuhn erweiterte sein Forschungsgebiet und begann sich für Vitamine und chemische Sexualstoffe zu interessieren. 1936 gelang ihm die erste teilweise Synthese des Vitamins B2 – besser bekannt unter dem Namen Vitamin G. Er klärte die vollständige Struktur des Vitamins B6 auf, bevor er einige Jahre später das Vitamin synthetisierte.

Ein weiteres Glanzstück seiner wissenschaftlichen Karriere war die systematische Untersuchung und Isolierung der Carotinoide. Sie spielen als Sensibilisatoren bei der Photosynthese von Pflanzen, aber auch im Lebenszyklus von Tueren und im menschlichen Organismus eine wichtige biologische Rolle. Kuhns Erkenntnisse waren bahnbrechend für das Verständnis elementarer biochemischer Reaktionen in lebenden Organismen.

"In Anerkennung dieser Arbeiten über die Vitamine und die Karotinoide" erhielt er 1938 den Nobelpreis für Chemie, den er aber nicht annehmen konnte, denn die Deutsche Regierung verbot ihm, das Land zu verlassen. Erst am Silvesterabend 1948 bekam Kuhn den Bescheid aus Stockholm, dass ihm der verliehene Nobelpreis nachträglich ausgehändigt werden solle.

Durch seine weit über 700 Publikationen zu Problemen der Stereochemie und der Enzymforschung, durch seine Arbeiten über die Isolierung zahlreicher Karotinoide gelangte Richard Kuhn weit über seine eigene Fachdisziplin hinaus zu internationalem Ansehen. Mindestens 50 Ehrungen und Auszeichnungen wurden ihm in seinem produktiven Forscherleben zuteil – so wurde er Ende der fünfziger Jahre auch in den Orden Pour le mérite aufgenommen. "Das Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren", nannte er einmal mit Goethe das Glück, welches das schönste für den Menschen sei.

Richard Kuhn starb 1967 im Alter von 66 Jahren in Heidelberg nach langer Krankheit. Die nach ihm benannte Goldmedaille, die seit 1968 von der Gesellschaft Deutscher Chemiker vor allem an junge Wissenschaftler verliehen wird und von der BASF gestiftet wurde, erinnert noch heute an seine Forschertätigkeit.

Kuhn war verheiratet mit Daisy Hartmann. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne und 4 Töchter hervor.