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Paul von Heyse
wird am 15. März 1930 als Sohn des Philologieprofessors Karl Heyse und
seiner Frau Julie in Berlin geboren. Von 1847 bis 1851 studierte er klassische
Philologie, Romanistik und Kunstgeschichte in Berlin und Bonn. Heyse schließt
schon während seiner Studienzeit Bekanntschaft mit Jacob Burckhardt, Joseph
Frhr. v. Eichendorff und Theodor Fontane. 1852 schließt er mit der Promotion
ab und konnte sich, aller materiellen Sorgen ledig, bald ganz dem Schreiben
widmen: Auf Einladung des bayerischen Königs Maximilian II. (1811-1864)
siedelt Heyse als freier Schriftsteller nach München über und bekommt
ein Jahresgehalt von 1000 Gulden.
Anders als seine Schriftstellerfreunde, die er während seiner Studienzeit
kennerlernte und die sich um eine realistische Erfassung der sozialen Wirklichkeit
ihrer Zeit auch in ihren Schattenseiten bemühten, ging es Heyse und dem
Münchner Dichterkreis, der sich um Emanuel Geibel (1815-1884) versammelte,
um die Nachahmung klassischer Formen und die Pflege eines harmonischen, gleichwohl
virtuosen Stils.
Insbesondere auf dem Gebiet der Novelle brachte es Heyse in diesem engen programmatischen
Rahmen zur Meisterschaft, und diese knappe, pointierte Form erlebte in der deutschen
Literatur des 19. Jahrhunderts nicht zuletzt dank seines Wirkens bei Kritik
und Publikum eine Aufwertung gegenüber dem episch breiten Roman.

Heyse formulierte mit seiner "Falkentheorie" seine Vorstellung von
den Gesetzmäßigkeiten dieser Gattung, die sich auf ein zentrales
Geschehen mit einem einzigen Grundmotiv konzentriert: So wie sich die Silhouette
des Falken durch eine signifikante Einzelheit sofort dem Gedächtnis einprägt,
so kläre sich auf dem Höhepunkt, auf den die Novelle zügig und
in dramatischer Komposition hinführe, der rätselhafte Charakter des
Helden auf einen Schlag und leite zu einem die Spannung lösenden, versöhnlichen
Ausklang über - heutzutage, beherrscht von der Hollywood Filmeindustrie,
ist sein Ende wohl mit einem "Happyend" zu vergleichen.
Eine seiner berühmtesten Novellen wird wohl "L'Arrabbiata" (1855)
sein. Aber auch die ca. 150 weiteren Novellen Heyses handeln vorwiegend von
Liebesproblemen und unbedingten Leidenschaften, die meist in südlichem
Ambiente angesiedelt sind und im Überschreiten konventioneller Moralvorstellungen
einen auch von dem Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts allgemein akzeptierten
Individualismus huldigen.
Das Jahr 1910 hat für Heyse gleich dreifache Bedeutung. Zum einen wird
er durch Prinzregent Luitpold (1821-1912) nobilitiert, zum anderen wird er Ehrenbürger
der Stadt München. Aber das wohl wichtigste Ereignis ist die Verleihung
des Nobelpreises für Literatur. Mit dieser Verleihung entschied sich die
Schwedische Akademie zum dritten Mal für einen Deutschen und nun wurde
nach dem Historiker Theodor Mommsen und dem Philosophen Rudolf Eucken tatsächlich
ein Schriftsteller geehrt, dessen Rang zudem seit Jahrzehnten unumstritten war.
Vielen Zeitgenossen galt Paul v. Heyse als der größte deutsche Dichter
seit Johann Wolfgang von Goethe - ein Urteil jedoch, das in dieser Form heute
kaum noch Zustimmung finden dürfte.
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