Sir Joseph Austen Chamberlain    
    * 16.10.1863 Birmingham † 16.03.1937 London
   

 

 
Chamberlain entstammte einer der führenden britischen Politikerfamilien. Sein Vater Joseph Chamberlain hatte starken Einfluss auf die britische Politik vor dem ersten Weltkrieg, während seiner jüngerer Halbbruder Arthur Neville Chamberlain nach dem ersten bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs politisch aktiv war und zuletzt zwischen 1937 und 1940 als Premierminister gegenüber den faschistischen Staaten die Politik der Beschwichtigung (sog. Appeasement) verfolgte. Joseph Austen Chamberlain war nach seinem Studium, das er auch in Paris und Berlin absolvierte, zunächst Privatsekretär seines Vaters. 1892 wurde er für die Unionisten, eine Gruppe, die sich von den Liberalen wegen deren Eintreten für die irische Home-Rule-Bewegung getrennt hatte, ins Unterhaus gewählt. In den nächsten Jahren bekleidete er verschiedene Ämter, darunter 1903-05 das des Schatzkanzlers. 1912 wechselte er zu den Konservativen, deren Vorsitzender er 1921/22 war. Zwischen 1924 und 1929 leitete er als Minister die britische Außenpolitik.1924 unterstützte Chamberlain den US-amerikanischen Finanzpolitiker und Mitpreisträger Charles G. Dawes bei einem Plan, der es Deutschland ermöglichen sollte, die im Versailler Vertrag von 1919 geforderten Reparationen zu zahlen. Ziel des Dawesplans war es, durch die Stabilisierung der deutschen Wirtschaft den ökonomischen Wiederaufbau in Europa zu fördern.




Dieser Plan trat am 1. November 1924 in Kraft. Dementsprechend zogen 1925 die belgischen und französischen Truppen aus dem seit 1923 zur Sicherung der Reparationszahlungen besetzten Ruhrgebiet ab. Als Gegenleistung wurden z.B. die Gewinne der Deutschen Reichsbahn gepfändet und die Reichsbank ausländisch kontrolliert. Auch 1925, bei den Verhandlungen zum Locarnopakt, spielte Chamberlain neben den Außenminister Frankreichs und Deutschlands, Aristide Briand und Gustav Stresemann eine mitentscheidende Rolle. Dieser Vertrag garantiert die deutsche Westgrenze, d.h. die Abtretung Elsass-Lothringens, ließ jedoch die Möglichkeit einer Grenzrevision im Osten offen.