Svante August Arrhenius – nur ein „rite“ für seine Dissertation? 
    * 19.2.1859 Uppsala † 2.10.1927 Stockholm
   

 

 
« Mir ist die Szene im chemischen Laboratorium zu Uppsala vor Augen, wo der Chef mich entsetzt fragte, indem er auf ein Bechergals mit einer wässrigen Lösung zeigte: „Und sie glauben auch, daß dort die Natriumatome nur so herumschwirren?“ Und als ich bejahte, fiel ein schneller Blick auf mich, der einen aufrichtigen Zweifel an meiner chemischen Vernünftigkeit zum Ausdruck brachte «
(Wilhelm Ostwald, der als einer der ersten „Ionier“ die Lehren Arrhenius‘ verbreitete)
Die schwedische Physiker Svante August Arrhenius wurde 1903 mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt. Diesen bekam er für seine Theorie der elektrolytischen Dissoziation, d.h. die Aufspaltung eines Moleküls in zwei oder mehrere elektrisch geladene Teilstücke (Ionen). Diese Theorie führte zum grundlegenden Verständnis der Eigenschaften gelöster Substanzen.

Arrhenius nahm in seiner Theorie an, dass Moleküle in einer Lösung in entgegengesetzt geladene Teilchen zerfallen. Die Grundlage dieser anfangs paradox erscheinenden Idee, die zunächst von vielen Wissenschaftlern heftig abgelehnt wurde, hatte Arrhenius bereits anno 1884 in seiner Dissertation gelegt. Ihre Begleitumstände gehören zu den Kuriositäten in der rund 100jährigen Geschichte der Nobelpreise:

Arrhenius hatte Physik an der Universität Uppsala studiert, der einzigen damaligen schwedischen Hochschule mit Promotionsrecht. Er aber wollte seine Doktorarbeit nicht bei den beiden Professoren seines Arbeitsgebietes in Uppsala durchführen, und arrangierte statt dessen eine externe Doktorarbeit an der Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm. Dies wurde ihm von den beiden Professoren zweifellos übel genommen, weshalb er beim Doktorexamen für die Promotion nur ein „rite“ – die schlechtest mögliche Note – bekam. Dieser Vorfall hatte zur Folge, dass Arrhenius zunächst keine Chance auf eine akademische Anstellung bekam. Seine Dissertation wurde aber bald in der ganzen Welt von führenden Wissenschaftlern diskutiert, und er erhielt Einladungen nach Deutschland, Österreich und in die Niederlande. Es entstand in dieser Zeit ein intensive Zusammenarbeit mit Jacobus van’t Hoff, die ihn zur endgültigen Formulierung der Theorie der Elektrolytlösungen brachte. Im Zuge der allmählichen Anerkennung seiner Arbeiten, zu der sein Kollege Wilhelm Ostwald entscheidend beitrug, wurde Arrhenius Ende 1884 zum Dozenten in Uppsala und anno 1895 zum Professor an der Hochschule in Stockholm berufen.

Die Weiterführung der Idee, dass viele Substanzen – v.a. Salze, Säuren und Basen – in Lösungen in entgegengesetzt geladene Teilchen (Ionen) zerfallen und damit elektrischen Strom leiten, führte zu einer Reihe von wichtigen Entdeckungen und Erkenntnissen. So konnte die Stärke von schwachen Säuren wie Essigsäure, die eine bis dahin unerklärliche Abhängigkeit von der Konzentration aufwies, damit gedeutet werden, dass die elektrolytische Dissoziation in verdünnten Lösungen stärker ist als in konzentrierten Lösungen. Arrhenius folgerte auch aus der beobachteten Temperaturabhängigkeit auf die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen, dass nur ein Teil der Ausgangssubstanz die für die Reaktion notwendige Energie besitzt. Dieser Vorschlag führte zum Konzept der Aktivierungsenergie, eine wichtige Größe für das Verständnis chemischer Reaktionen.
Zu seinen interessantesten Publikationen gehörte eine bemerkenswerte Arbeit aus dem Jahre 1896 über den Einfluss von Kohlenstoffdioxid in der Luft, in der er bereits vor mehr als 100 Jahren die mögliche Gefahr einer Erderwärmung durch den sog. Treibhauseffekt voraussagte.